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2011 AD: 1385 v. Chr.:
„Em Hotep! Ich muß mit
dir reden!“
Augenblicklich erfaßte sie die von der Hitze des Tages verwischte
schwarze Schminke die seinen Augen, seinem Blick unheimliche Düsternis
verlieh, die brutal wirkende Uniform aus Leder, den Kragen, den
Lederriemen quer über seiner nackten Brust der den schweren Gürtel
hielt, die breiten Lederarmbänder an seinen Oberarmen und Handgelenken,
das unrasierte Gesicht. Er sah aus wie ein wilder
unberechenbarer reizbarer Krieger, hart und unnachgiebig. Wirkte wie ein
Fremder. Nicht mehr wie der besonnene, ausgeglichene Hauptmann ihrer
Tempelwache. „Herrin!“
„Ich bin
nicht mehr deine Herrin!“ „Sahu-Re!
Anch Uda Seneb! Was macht Ihr
denn hier?“
Bent schaute
sich um, fegte ein paar Wäschestücke von einem Stuhl, setzte sich. „Hast
du einen Becher Wasser? Es ist heiß draußen.“ „Natürlich.
Mit Honig? Den muß ich allerdings erst suchen.“ „Nein.“ Sie
schaute sich um, während er nach einem Becher kramte. Was für ein Chaos
in den beiden Räumen herrschte! Ungemachte Betten, herumfliegende
Kleider, schmutziges Geschirr, nicht gefegt. „Was ist das
hier für ein Saustall?“, schnauzte sie ihn an, als er ihr den Becher
reichte. „Sie ist ja
nie da!“, grollte er aufgebracht, setzte sich breitbeinig ihr gegenüber.
„Der Tempel fordert ihre ganze Aufmerksamkeit. Soviele Kranke,
Verwundete, Schwangere. Wo kommen die nur alle her? Und sie muß so viel
lernen, sagt sie. Ihr Ehrgeiz frißt sie noch auf!“ Er selbst nahm sich
einen Becher saures Bier, knallte ihn auf den Tisch vor sich, rückte die
Schüssel mit den Feigen vor sie. „Mein Abendessen!“, giftete er. „Jetzt
kann ich noch bis zum Markt laufen um mir was von einer Garküche zu
holen. Ich kam ja eben auch erst vom
Ipet Resit.“ „Sie muß überhaupt nicht viel lernen
und im Tempel ist so gut wie gar nichts los!“,
ergrimmte
Bent sich. „Was geht hier vor?“ „Nichts!“,
zürnte er, „Was willst du hier?“ „Du warst im
Krieg mit den Nubiern.“ „Na und.“ „Weißt du,
wie man herausfindet, woher ein Soldat kam und wo
er gefallen ist?“ „Es sind
genug dort geblieben!“, brummte er. „Warum die Erinnerung an Tod und
Elend aufwühlen?“ „Der Feldzug
im Jahre sieben seiner allerheiligsten Majestät Djehutimes, Fätzlein!“ „Da war ich
nicht dabei!“, lachte er. „Seh ich so alt aus? Das ist ja viel zu lange
her.“ Bent strahlte
ihn an, froh, ihm ein Lächeln ins Gesicht gezaubert und seinen Trübsinn
vertrieben zu haben. „Du siehst
nicht alt aus!“, hauchte sie und nestelte den Umhang auf. „Du bist ein
schöner Mann! Obwohl ein paar weiße Fäden sich durch dein Haar ziehen
und auch durch den Bart. Sieht gut aus.“ „Danke. Ja,
oh, komm, gib das her, ich nehm es dir ab. Es ist viel zu heiß.“
Fürsorglich nahm er ihr den Umhang und den Schleier aus der Hand, legte
ihn säuberlich zusammen und über eine Stuhllehne, setzte sich wieder,
starrte ihr dann entgeistert und schamlos in den tiefen Ausschnitt des
Kleides. „Früher faßte
ich sowas als Schmeichelei auf!“, grollte sie aufgebracht. „Schäm dich!“ „Was ist
das?“ „Brüste!“,
lästerte sie zischend. „Nein! Das
da!“ „Eine
Tintenzeichnung. So was wirst du doch wohl schon mal gesehen haben.
Samut hat auch eine.“ „Ich kenne
das!“ „Natürlich
kennst du das. Du bist mir oft genug im Tempel begegnet!“
„Sechemet!“ Er erhob
sich, beugte sich tief über sie, die Hände auf den Sessellehnen. „Ich
kann das lesen! Die Herrin der Schlacht! Die Dame des roten Tuches! Die
Göttin, die jeden Krieger begleitet! Sie ist
meine Göttin!“ Er schaute ihr
tief und fest in die Augen, suchte anscheinend in seinen Gedanken nach
Worten, nach Erinnerungen, schlug mit der flachen Hand erbost auf den
Tisch. Dann faßte er ungestüm nach ihrer Hand. „Bin ich dir
je im Rausch zu nahe getreten, Herrin?“ „Nein!“, rief
sie empört. „Wie kommst du denn darauf!“ „Ich träume
davon, Bent!“, grollte er. „Ich sehe dich, dieses Tintenbild, in jeder
endlos schlaflos verbrachten Nacht vor mir!“ Oh ihr
Götter! „Ich…“
Aufgewühlt ließ er ihre Hand los, trank von seinem Bier, schaute sich
das Chaos in dem Haus an, fuhr sich durch das lange Haar, strich über
die Narbe an seinem Hals. „Sie ist…“ Sein innerer Sturm ließ ihn
verstummen, jetzt schaute er ihr mit flehenden Augen ins Gesicht. „Ich träume
von dir, Bent! Nacht für Nacht! Sehe dich, wie du mich lockst, nackt,
mit klingelnden kleinen goldenen Muscheln an den blitzenden Fußkettchen.
Ich träume davon, dich…“, er schloß die Augen, rieb sich Wange und Kinn,
rang nach Worten, „da ist ein Bett, breit, voller weicher Kissen, mit
roten Vorhängen… Du warst im Recht, als du zu mir sagtest, ich solle ihr
liebevoll begegnen. Ich kann das nicht! Jedenfalls nicht immer. Ich habe
ihr in einer leidenschaftlich verbrachten Nacht wohl wehgetan, denn sie
hält sich von mir fern. Und so träume ich jede Nacht davon, daß
du mir gibst, was
sie mir verwehrt!“ „Sei still,
Ranofer!“ Bent, kaum eines klaren Gedanken fähig, verschlug es völlig
die Sprache. „So was sagt man sich nicht. So was denkt man nicht einmal
im Traum! Du gehörst zu Baket.“ „Nein!“
Er stand auf, schloß die Tür, kam auf Bent zu, gefährlich, verwegen. Sie
sprang hoch, mutig, zornig, ungehalten, bemerkte gnadenlose
erbarmungslose Wildheit in seinen Augen, wie zu einem schonungslosen
Zweikampf entschlossen. „Bleib
mir vom Leib!“, fauchte sie. Sein
fester Griff um ihre Oberarme fast schmerzhaft, sein Gesicht, zum Kuß
bereit, dicht über ihrem. „Laß
mich los, sonst trete ich dir in die Eier!“ „Ich bin nur
ein armer Kerl!“, grollte er,
schüttelte sie sanft, riß sie lüstern in seine Arme. „Ich kenne das
Kriegshandwerk, hab so manchen Feind in die ewige Dunkelheit geschickt.
Ich weiß nichts von vornehmen Damen. Aber du bist die Frau die Sachmet
ist! Gaukelst mir Nacht für Nacht die Erfüllung all meiner Träume vor!
Reize mich nicht, sonst schwöre ich bei Re, ich vollende wovon ich des
nachts träume!“ „Laß
mich sofort los! Oder ich kratz dir die Augen aus!“, zischte sie. Sein
Duft! Seine starken, warmen Hände! Seine fordernde Hitze! Gleich würde
sie die Beherrschung verlieren. Die brutal zügellos erregend anmutende
Stimmung kochte immer höher. Sie krallte ihm ungestüm die Nägel in den
Rücken, bereit ihm fauchend und beißend die Haut vom Leib zu ziehen.
Wenn er sie jetzt hier sofort, auf der Stelle auf dem staubigen Boden
nehmen würde… sie würde sich mit hemmungsloser Gier auf’s schamloseste
von ihm durchficken lassen… Es fehlte nicht mehr viel, gleich wich ihre
mühsam aufrecht gehaltene Beherrschtheit völliger Wollust, dem
heißblütigen, rasenden wohlbekannten Rausch gleich; weit jenseits
fremdelnder Verlegenheit einem verheirateten Mann gegenüber. Seine
wilde, hitzige Glut riß sie dicht an jenen gefährlichen feurigen Abgrund
tief in ihr drin. Bent fühlte sich außerstande, dem irgend etwas
entgegenzusetzen, beinahe war sie bereit, sich völlig fallen zu lassen,
völlig gehen zu lassen. Das
kann, will ich nicht!
„Gnadenlose schamlose rasende Leidenschaft wohnt in deiner Brust!“,
hauchte er schmachtend, sie bedrängend, ihr einen heißblütigen Kuß
raubend. „Laß es mich herausfinden.“ Das war
zuviel! Schon erwiderte sie voller triebhafter, unbeherrschter Begierde
seinen heißen, lüsternen, fordernden Kuß, schnappte ihn unbeherrscht bei
dem Lederriemen, sank mit ihm auf den blanken Boden, riß an seinem
Schurz, seiner Unterwäsche, ließ ihn gewähren, daß er ihr das Kleid
hochschob. Sie krallte sich in sein Haar, zerkratzte ihm die Haut, biß
ihm in die sinnlichen küssenden Lippen, spürte ihn tief und hart in
sich. „Du bist
kein Traum! Nicht wahr?“, stöhnte er sehnsüchtig. „Nein,
Ranofer!“ „Dieses
Glitzern in deinen Augen, ich kenne es! Bent…“ Sie spürte ihn noch
härter, noch fester in sich. „…ich… kann mich nicht mehr beherrschen!“ „Oh,
warte, mein Herz“, stöhnte sie voller Hitze, „nur ein paar Augenblicke …“ Heiß
brennende, lodernde, leidenschaftlich flammende Erlösung, Schweiß auf
der Haut, zärtliche Küsse … Sie
rutschte ein wenig zur Seite, schob fahrig ihr Kleid über die Knie. „Wenn
das jemand mitbekommen hat“, keuchte sie außer Atem, „werden sie uns
Steine an den Kopf werfen.“
„Oh,
verzeih, Bent. Was kam nur über mich! Verzeih mir. Habe ich dir
wehgetan?“
„Nein!“,
schluchzte sie, setzte sich auf, lehnte sich mit dem Rücken an die Wand.
„Anscheinend doch!“ „Ach sei
doch still!“, giftete sie ihn an. „So hat
sich denn der Traum bewahrheitet! Du bist wie ich! Wild, unbeherrscht!
Ich hätte dich nehmen sollen!“ Sie
langte ihm eine, die sich gewaschen hatte. „Liebst du mich?“
„Tju!“
Entgeistert schaute sie ihm ins Gesicht, „Ranofer!“, hauchend. „Wie du bist!
Wie du dein Haus führst! Deinen Anstand! Dafür, daß du dir nichts
gefallen läßt. Das liebe ich. Aber ich bekomme kein Herzklopfen in
deiner Nähe, wenn du das meinst. Nein! So liebe ich dich nicht.“ Dafür bekam
er noch eine gewatscht. „Muscheln an Fußkettchen!“, schimpfte sie,
„Weiche Kissen! Rote Vorhänge! Männerträume! Pah!“ Jedesmal ein Schlag an den Hinterkopf. Aber ganz zart. „Ich
kann mich nur nochmals entschuldigen.“ Er schaute sie sowas von
zerknirscht an, daß ihr fast vor Sehnsucht nach ihm das Herz stehen
blieb. „Ich werde nach Swenu zurückgehen. Fort von hier. Nach
Verwandten und Freunden suchen… dann kann sie beruhigt hier leben. Sie
wird versorgt sein.“ „Das
darfst du nicht!“ Voller Schrecken krallte sie sich in seinen starken
Oberarm. „Wollt
Ihr mich davon abhalten? Mit welchem Recht? Ich bin Euch nichts
schuldig. Und falls ich dir jetzt ein Kind gemacht habe… ich werde dafür
gerade stehen, es anerkennen, keine Sorge.“ „Halt
die Klappe! Was geht dich mein Bauch an!“ „Steht
auf, Herrin!“ Er stand auf, hielt ihr die Hand hin, zog sie vom Boden
hoch, zupfte ein paar Fusseln von ihrem Kleid. „Aus diesem Dreck! Wie
konnte ich nur? Vergib mir, das hätte nicht passieren dürfen.“
„Ich
habe es genossen!“, hauchte sie. „Werd
ich dich wiedersehen?“, er zog sie zu sich, Hoffnung im Blick, flüsterte
„Willst du es wieder genießen?“ Oh, das
war entschieden die falsche Frage! Heiß, wie gerade eben noch die
leidenschaftliche Glut, kochte ihr jetzt Wut hoch. „Ich bin
nicht deine Hure!“, fuhr sie ihn an, giftig, bösartig. „Ich bin
die Herrin des Isistempels! Was bildest du dir ein?“ Voller Zorn wollte
sie ihm schon wieder eine scheuern, flink packte er sie beim Handgelenk. „Eine
dumme Frage. Entschuldige.“
Aufgewühlt nahm sie ihren Umhang vom Stuhl, legte ihn um, griff nach dem
Schleier.
„Weswegen bist du hergekommen?“ Er setzte sich, schenkte betrübt von dem
Bier nach, bot ihr davon an. „Doch nicht, um dich mit einem einsamen
Kerl im Dreck zu wälzen. Du wirst doch jetzt nicht gehen wollen! Laß uns
nicht so auseinander gehen…“ Er stellte den Krug ab,
schaute sie mit bestürzter Miene an. „Mein Herz?
Sagtest du eben ‚mein Herz‘ zu mir?“ „Was
sagt man nicht alles, wenn die Leidenschaft über den Verstand herrscht.
Das eben wollen wir vergessen, aber ganz schnell!“, fauchte sie, setzte
sich zögernd in den Stuhl, versuchte das schmerzende, wehmütige Herz zu
beruhigen ... |
Die Titel "Am Horizont der Sonne", "Deshret Rote Erde",
alle "Sachmet" -Bände,
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